Fazit des Reallabors

In diesem Beitrag soll es zum einen darum gehen, wie ich das Reallabor bewerten würde und wie es mir währenddessen ging, aber zum anderen auch, wie mein Umfeld darauf reagiert hat.

Ich fange direkt mal mit den Reaktionen meines Umfelds an – die waren sehr unterschiedlich. Der Großteil war erstmal neugierig und beeindruckt, hat viele Fragen gestellt und sich wirklich dafür interessiert, was ich da eigentlich genau mache. Vor allem durch den Beitrag im WDR sind viele meiner Freunde und Bekannte darauf aufmerksam geworden und haben sich in dem Jahr auch immer mal wieder erkundigt, wie es so läuft. Grundsätzlich war das Feedback eher positiv 🙂

Für die meisten Diskussionen oder kritischen Nachfragen hat mein Fleischverzicht geführt – teilweise hatte ich hier sogar das Gefühl, dass diese Veränderung gar nicht akzeptiert wurde. Fragen wie „Und wie lange willst du jetzt auf Fleisch verzichten?“ „Hast du dann nicht voll die Mangelerscheinungen?“ „Dann isst du aber bestimmt betrunken noch Döner?!“ kamen sehr häufig vor und ich muss gestehen, dass ich davon irgendwann auch ein wenig genervt war, weil ich das Gefühl hatte, mich rechtfertigen zu müssen und das obwohl die Zahlen ganz klar FÜR eine vegetarische Ernährung sprechen. Meine Follower auf Instagram hat es scheinbar gar nicht gestört, dass es plötzlich nur noch vegetarische Gerichte und Rezepte gibt – zumindest sind mir kaum Leute entfolgt, sondern eher noch mehr dazugekommen 😉

Teilweise hab ich auch eher blöde Kommentare erhalten wie „aber du fliegst ja trotzdem noch in den Urlaub“ oder „jeden Tag Zug fahren ist aber auch nicht gut für deine Klimabilanz“ – mein liebster Satz war (so oder so ähnlich) „So lange die in China (oder anderen Ländern) nix ändern, brauch ich auch nichts ändern, das bringt ja eh nix“.

Der Großteil der Leute war aber eher unterstützend, hat die Veränderungen akzeptiert und einige Personen haben sogar angefangen, sich bei mir zu verschiedenen Themen zu erkundigen und haben darauf hin in ihrem Alltag was verändert. Teilweise hab ich Empfehlungen für verschiedene Produkte oder Tipps zu klimafreundlichen Alternativen geschickt bekommen. Das hat mich wirklich sehr gefreut und auch stolz gemacht.

Für mich selbst war das Projekt ein voller Erfolg – ich würde das jederzeit wieder machen und kann nur jedem, der die Chance bekommt etwas ähnliches zu machen, empfehlen, diese zu nutzen. Ich bin mit dem Vorgehen ziemlich zufrieden, hab mich durchweg gut betreut gefühlt und hatte das Gefühl, dass die einzelnen Workshops, Infoveranstaltungen usw. gut vorbereitet und recherchiert waren.

Besonders gut hat mir gefallen, wie viel Wert auf die Meinung der einzelnen Teilnehmer gelegt wurde. Ich hab mich sehr ernst genommen gefühlt, die Ideen der einzelnen Haushalte wurden nicht nur gehört, sondern auch hinsichtlich der Umsetzbarkeit für die Stadt Münster geprüft.

Mein Leben hat sich durch das Reallabor ziemlich verändert, ich hab ein ganz anderes Bewusstsein zu vielen Dingen erhalten und meine Sichtweise auf die Welt hat sich deutlich geändert: Ich achte mehr auf Kleinigkeiten, hinterfrage Dinge und gebe mich mit deutlich weniger zufrieden, weil ich vieles einfach mehr zu schätzen weiß.

Neben den Veränderungen, die in den anderen Beiträgen beschrieben wurden, haben sich Kleinigkeiten im Alltag verändert – ich hab IMMER einen Stoffbeutel zum Einkaufen dabei und würde eher nochmal nach Hause fahren und einen holen, als auf eine Plastiktüte zurückzugreifen. Ich kaufe kaum noch Coffee to go (eigentlich nur noch im Urlaub, wenn es sich nicht vermeiden lässt) – und das obwohl ich vorher mindestens einmal pro Woche irgendwo einen Kaffee geholt habe. Jetzt hab ich entweder meinen eigenen Becher dabei oder verzichte einfach drauf. Meine Brötchen beim Bäcker hol ich im eigenen Beutel. Weihnachtsgeschenke hab ich teilweise in Zeitungspapier verpackt oder in Geschenketüten, die ich selbst mal geschenkt bekommen hatte. Und ich hab sehr darauf geachtet, was genau ich eigentlich verschenke – viele Freunde haben einfach gemeinsame Zeit und ein Essen von mir bekommen und sich wirklich drüber gefreut 🙂

Auch wenn sich einiges nach Verzicht anhören mag oder nach Einschränkung und Mehraufwand, würde ich als Fazit sagen, dass sich mein Leben positiv verändert hat, ich erlebe die Änderungen nicht als Verzicht, eher als Gewinn an Lebensqualität – außerdem hab ich das Gefühl, einer großen und wichtigen Bewegung anzugehören und fühle mich als Teil einer Generation, die etwas verändert.

Mein politisches Interesse hat sich durch das Reallabor ebenfalls verwandelt – ich verfolge Nachrichten ganz anders und habe zu bestimmten Themen eine viel klarere Haltung entwickelt. Gleichzeitig stimmt es schon, dass mit Wissen auch eine gewisse Verantwortung kommt. Es ist für mich nicht mehr wirklich möglich zurück in meine Blase zu verschwinden, in der die Welt in Ordnung ist, der Klimawandel nicht real und ich tun und lassen kann, was ich möchte. Das ist manchmal etwas anstrengend, vor allem, weil das Thema ja irgendwie in allen Lebensbereichen präsent ist.

Aber einer der wichtigsten Grundsätze des Reallabors war ja, dass nicht mit dem erhobenen Zeigefinger gedroht wird, sondern dass Veränderungen von den Personen alleine kommen sollen – deswegen darf man im Alltag auch mal fünfe gerade sein lassen und die nicht so klimafreundliche Alternative wählen, schließlich ist man auch nur Mensch. Zumal ich aktuell selten das Gefühl habe, mich sehr einschränken zu müssen und ich trotzdem ganz schön was verändern und meine Klimabilanz positiv beeinflussen konnte. Wenn also jeder ein bisschen was verändert, können wir zusammen ganz schön viel erreichen 🙂

#theresnoplanteb